Bericht der Zeitung Schweiz am Wochenende, 27. Juni 2020 – Stefan Salzmann
Zug will an die Spitze – das freut nicht alle
Zug United setzt für den schnellen Erfolg auf Ausländer. Die Verpflichtung von Nationalspieler Luca Graf könnte dies nachhaltig ändern.
Zug United sorgt für Aufsehen. Zwar spielt der Unihockeyklub aus der Innerschweiz erst seit der Saison 2017/18 wieder in der höchsten Liga, doch der «Neuling» hat sportlich schon deutlich Spuren hinterlassen. Seit dem Aufstieg qualifizierten sich die Zuger immer für die Playoffs, in der vergangenen Saison schaute Rang 5 nach der Qualifikation heraus. Und diese Platzierung wurde mit dem Cupsieg noch getoppt. Am 22. Februar bezwangen die Zuger Alligator Malans mit 6:5 nach Verlängerung und holten sich ihren ersten Titel auf höchster Ebene. Dazu erarbeiteten sie sich nachhaltigen Respekt und Anerkennung bei den Titelfavoriten.
Zum vorerst letzten Mal trat Zug United vor rund einem Monat positiv in Erscheinung. Der Klub verkündete: «Zuger Transferbombe: Nationalverteidiger Luca Graf kommt.» Übertrieben ist diese Formulierung nicht, gehört Graf doch zu den besten drei Verteidigern der Schweiz und führte GC Unihockey als Captain an. Nun gelingt es den aufstrebenden Zugern also, auch einen Nationalspieler zu verpflichten. Und erst noch von einer absoluten Spitzenmannschaft. Bis anhin galt Zug United in der Aussenwahrnehmung vor allem als Klub mit viel Geld und vielen Ausländern, das den Erfolg lieber heute als morgen eintüten möchte. Auch deshalb sorgt Zug United für Aufsehen – und erntet Kritik.
Zug unterschreibt nicht
Patrick Trachsel ist Präsident von Zug United. Öfters als ihm lieb ist, muss er die Frage beantworten, weshalb sich sein Klub in der kommenden Saison als einziger in der höchsten Liga nicht an die Beschränkung von drei Ausländern halten will. Alle anderen NLA-Teams haben das Gentleman’s Agreement unterschrieben. Trachsel argumentiert damit, dass das Abkommen geltendes Schweizer Recht verletze, die eindeutige Rechtslage für eine solche Vereinbarung sei der Hauptgrund, dass man nicht unterschreibe. Und eine Einsatzbeschränkung von ausländischen Spielern verstosse klar gegen das Diskriminierungsverbot. «Aber wir sind auch ehrlich und geben zu, dass uns in diversen Jahrgängen eigene Schweizer Spieler fehlen, um da oben mitspielen zu können, wo wir mitspielen wollen», so Trachsel. Erfolg verpflichtet nun mal – als amtierender Cupsieger nochmals ein wenig mehr. Und doch gibt es weitere Klubs, die in der nächsten Saison faktisch mit mehr als drei Ausländern auflaufen werden. Chur Unihockey und Wiler-Ersigen beispielsweise. Doch bei beiden zählt der Überzählige noch als U21-Spieler und belastet so das Ausländerkontingent nicht. Trachsel hat für diese Vorgehensweise deutliche Worte übrig: «Das sind alles Hintertürchen und führt nur dazu, dass Klubs Ausländer schon im Juniorenalter zu sich holen wollen. Wir hingegen sind konsequent und lehnen das Agreement ab.»
Fokus wird falsch gelegt
Kürzlich war sich Trachsel auch nicht zu schade, um auf anonyme Kritik im Forum des grössten Schweizer Unihockeymagazins «unihockey.ch» zu reagieren. Den Kritikern bot er ein Treffen zu einem Abendessen an, um die Philosophie und Strategie seines Klubs zu erklären. Liest Trachsel die Forumsbeiträge, amüsiert er sich, «gewisse tun aber auch weh, weil der Fokus falsch liegt», sagt er. Dass die Teams von Zug United in allen Nachwuchskategorien in der höchsten Stufe spielen, die U21 vor Saisonabbruch im Play-off-Halbfinal 1:0 gegen den Qualifikationssieger GC führte, und die Innerschweizer viel Geld in den Nachwuchs investieren, geht oft vergessen – auch in den Forumsbeiträgen. «Mittlerweile halten mich meine Frau und meine Tochter davon ab, das Geschriebene weiterhin zu lesen», sagt Trachsel lachend.
Impulse aus der Defensive
Auf nächste Saison hin reduziert Zug United seine Ausländer von sechs auf fünf. Da mittlerweile bekannt ist, dass Mathias Hagert doch nicht zu Zug wechselt, sind es gar nur deren vier Ausländer – und somit gleich viele wie Chur Unihockey und Wiler-Ersigen. Da dazu einige arrivierte Kräfte zurück- oder kürzertreten, baut Zug United sein Team auf kommende Saison stark um. Neben Nationalspieler Graf holt sich Zug United junge Schweizer Spieler von GC und bringt Nachwuchskräfte in die 1. Mannschaft. Trachsel sagt: «Wir wollen zeigen und beweisen, dass wir diesen Weg – hin zu mehr Swissness – gehen wollen.» Ein Schritt, der gemäss dem Präsidenten von Zug United aus gutem Grund nicht früher erfolgte. «Bisher waren Schweizer Nationalspieler für uns nicht zu bekommen. Vielleicht hat die Verpflichtung von Luca Graf nun etwas ausgelöst.» Um sich schnell in der oberen Tabellenhälfte etablieren zu können, griff Zug deshalb auf viel ausländisches Personal zurück. Und fand den schnellen Erfolg. Diesen dürfte auch Graf angelockt haben. Stolz sagt Trachsel: «Er hat sich selbst für unsere Vereinsphilosophie und -strategie interessiert und von dieser überzeugen lassen.» Der Reiz des Neuen und eine Sättigung haben ihn wechseln lassen, glaubt der Präsident. Graf soll das liefern, was Zug United bis anhin noch fehlte: mehr offensive Impulse aus der Defensive. Denn von hinten komme bis anhin noch zu wenig, sagt Trachsel: «Vorne haben wir nämlich unsere Knipser.» Einer der besten Verteidiger in den eigenen Reihen und Stürmer mit Knipserqualitäten – folgt nun also bereits das Double in der kommenden Saison? Trachsel winkt ab und sagt: «Wir haben einen altersbedingten Umbruch zu meistern – es geht nun darum, uns zu konsolidieren.» In naher Zukunft dürfte die Frage nach dem Double aber gerechtfertigt sein.